11.10.2014: Aktionstag gegen TTIP


(ein Film von Attac und Stiftfilm / Jonas Kramer)

Seit 2013 finden Verhandlungen zwischen Vertretern der USA und der Europäischen Union über ein transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) statt. Anders als bei traditionellen Handelsabkommen stehen jedoch nicht die Zollsenkungen im Vordergrund, sondern die Beseitigung „nichttarifärer Handelshemmnisse“ sowie ein Klagerecht von Konzernen gegen Staaten. Geprägt sind diese Verhandlungen von Geheimhaltungsvorschriften und Intransparenz. Die bisher bekannt gewordenen Dokumente haben die Befürchtungen wachsen lassen, dass sich dahinter die Senkung ökologischer und sozialer Standards ebenso wie eine umfassende Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte verbergen. Hinter verschlossenen Türen, aber unter Beteiligung von Wirtschaftslobbyisten wird mit dem Ziel einer umfangreichen Deregulierung verhandelt. Das Zustandekommen wirtschaftlicher Gewinne durch ein solches Abkommen ist auch unter Experten umstritten. Es ist zu befürchten, dass diese – so sie denn überhaupt zustande kommen – nur gering ausfallen und nur Wenigen zu Gute kommen würden. Demgegenüber stehen in der Umwelt-, Landwirtschafts- und Verbraucherpolitik erhebliche Gefahren.

TTIP gefährdet die Erfolge der Umweltbewegung und setzt die falschen Zeichen für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Denn die nichttarifären Handelshemmnisse, die durch TTIP beseitigt werden sollen, sind oft nichts anderes als genau dies: Die sozialen und ökologischen Standards, die von der Umwelt- und Bürgerrechtsbewegung und den Gewerkschaften erkämpft worden sind, also die von der Zivilgesellschaft erkämpften Errungenschaften.

Im Zentrum der Diskussion steht das Vorsorgeprinzip, der Grundpfeiler europäischer Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik. Gleichzeitig würde eine Angleichung der Vorschriften in der Landwirtschaft, bei der Gentechnik, im Pflanzenschutz und in der Tiergesundheit die Zeichen in Richtung einer noch stärkeren Industrialisierung der Landwirtschaft setzen.

TTIP und vor allem der Prozess zu dessen Aushandlung ist schon jetzt ein Angriff auf die Demokratie in Europa. Äußerst problematisch ist ferner das Signal, dass nicht alle Deregulierungen und Angleichungen von Normen sofort im TTIP selbst vorgenommen werden sollen. Vielmehr will die Europäische Kommission das Abkommen zu einem „lebenden Abkommen“ machen, bei dem „stufenweise nach vorab festgelegten Zielen und einem festen Zeitplan auf mehr Regelungskonvergenz hingearbeitet wird.“ TTIP wird so die Macht der Konzerne stärken und die Gestaltungsmöglichkeiten der Gesellschaft massiv einschränken.

TTIP ist auch ein Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit: Denn gekrönt wird dies noch mit den vorgesehen Regelungen zum Investitionsschutz, die Unternehmen die Möglichkeit zu Investor-Staats-Klagen vor Schiedsgerichten eröffnen sollen. Internationale Investoren sollen vor Schiedsgerichten gegen Staaten oder Kommunen klagen können, wenn Gesetzesänderungen oder Entscheidungen von Behörden ihre Investitionen oder Gewinnerwartungen einschränken. Dabei sollen nicht ordentliche Gerichte entscheiden, sondern private Schiedsgerichte. Diese Schiedsgerichtsverfahren finden hinter verschlossenen Türen ohne Berufungsmöglichkeit statt. Solche Klauseln sind nicht nur zwischen Staaten mit entwickelten Rechtssystemen, in denen Unternehmen jederzeit vor ordentlichen Gerichten klagen können, völlig überflüssig, sie sind auch ein Instrument, mit dem Parlamente und Regierungen bei ihren Entscheidungen erpresst werden können.

Handelsgespräche können nur dann Vorteile bringen, wenn sie dazu genutzt werden, eine grundsätzlich neue Ausrichtung der Handelspolitik voranzutreiben, die auch globale Standards für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung setzt. Es muss dabei darum gehen, zusätzlichen Wohlstand breiten Bevölkerungsschichten zukommen zu lassen, wirtschaftliche, soziale und ökologische Standards zu verbessern sowie faire Wettbewerbs- und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Wir fordern deshalb eine umfassende Veränderung der Handels- und Investitionspolitik der EU.

Im Rheinland-Pfälzischen Netzwerk gemeinsam aktiv gegen TTIP

Intransparente Verhandlungen, in denen demokratisch erzielte Standards ausgehebelt werden, sind undemokratisch. Es ist noch nicht einmal sicher, ob die Verhandlungsergebnisse später in den Parlamenten der Mitgliedstaaten bestätigt werden müssen. Selbst wenn die Parlamente gefragt werden, geht es dann nur noch um die Zustimmung zu einem Gesamtpaket. Im Gegensatz zu Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie Vertretern der sonstigen Zivilgesellschaft haben laut Medienberichten Berater der Großkonzerne privilegierten Zugang zu den verhandelten Inhalten. Deshalb ist es wichtig, auf allen Ebenen während der laufenden Verhandlungen über die TTIP-Verhandlungen zu informieren und Aktivitäten in Netzwerken zu bündeln.

Wir fordern den sofortigen Stopp der Verhandlungen über TTIP und über die weiteren Freihandelsabkommen insbesondere CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen EU und Kanada, und TISA (Trade in Services Agreement) zwischen EU und USA und 22 weiteren Partnern.

Wir, das „Rheinland-Pfälzische Netzwerk gegen TTIP“ arbeiten zusammen mit dem bundesweiten Bündnis „TTIP unfairhandelbar“ ein Bündnis aus zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Entwicklungs- und Handelspolitik (www.ttip-unfairhandelbar.de).

Stand: 16.09.2014

Flyer zum Download: TTIP-Netzwerk RLP